Sonntag, 4. September 2016

The Always Winning Trump

In meiner Welt gewinne ich immer. Wenn du mir zujubelst, werde ich mich geschmeichelt fühlen, und wenn du mich bekämpfst, stärkst du mich. Denn ich brauche mächtige Feinde für mein Spiel, jemand muss die Rolle des Empörten übernehmen, der seine moralische Überlegenheit gegen mich ins Feld führt. Ich liebe den erhobenen Zeigefinger, ich mag es, der böse Junge zu sein. Nicht gemocht zu werden, ist ein Geschenk, oder besser gesagt: von den richtigen Leuten nicht gemocht zu werden. Hass definiert, er tut meiner konfusen Charakterstruktur gut. Ein selbstbewusster Feind ist mir immer noch lieber, als ein schwankender Mensch, dessen innerste Gedanken ich nicht einmal erahnen kann. Sobald du die Schwelle der großen Emotionen überschreitest, habe ich gewonnen. Ob Hass, ob Liebe, das ist nicht entscheidend, beides bindet deinen Geist an mich, an das Bild, das du dir von mir gemacht hast. Ich versuche nicht, dir zu gefallen, nicht so wie andere es versucht haben und sich damit kaum zu halten vermochten in den tieferen Lagen deines Bewusstseins. Ich gefalle durch meine animalische Offenheit, ich streue keine Zeichen, auf dass ausgesuchtere Geister mich erraten möchten. Den Feinen und Subtilen bin ich zuwider, und das ist auch gut so. Ich bringe das Schlechte in den Menschen zum Schwingen. Niemand wird aus einer meiner Veranstaltungen zuversichtlicher und optimistischer herausgehen, als er hineingegangen ist. Wohl aber entschlossener und bereit, eine Gefahr von Amerika abzuwenden, eine Gefahr, die ich diesen Menschen gezeigt habe, diesen Unwissenden, die zuvor sogar noch gedacht hatten, sie seien glücklich.

Samstag, 31. Januar 2015

Liebe und Tofu

Für sich genommen ist Tofu geschmacklos. Aber es ist ein wunderbarer Träger verschiedenster Gewürze und Geschmäcker. Ganz ähnlich ist es in der Liebe. Man liebt einen Menschen nicht, weil er großartig ist, sondern weil er ein Garten ist, in dem man die Gestalten seiner Träumereien und Begierden errichten darf. Lieben heißt, dem Tofu seinen Geschmack geben.

Donnerstag, 8. Januar 2015

Vertrauen

Es ist schön, Menschen zu kennen, die einem gerne helfen möchten. Und doch gibt es Situationen, in denen ein "Ich vertraue dir" weit mehr Kraft gibt als ein "Ich helfe dir". Menschen wollen selbst ihr Leben in den Griff bekommen. Wenn jemand an sich zweifelt, ist das Vertrauen die beste Medizin für ihn: Du kannst es, auch wenn es dir schlecht geht. Dein Herz ist schön, auch wenn du dich unter deinem Niveau bezweifelst.

Sonntag, 5. Mai 2013

Nichts mitbekommen (Dialog)

Sophia: Nichts ist wahrhaft wert, sich darüber aufzuregen. Nichts.

Emil: Ich finde, das ist eine Haltung, die an Zynismus nicht mehr zu überbieten ist. Schau dir die Welt doch einmal an! Wer sich über dieses sinnlose Leid nicht aufregen kann, in dem schlägt nicht das Herz eines Menschen!

Sophia: Dass ich mich nicht aufrege, heißt nicht, dass mir die Welt egal wäre. Im Gegenteil. Du vermischst da zwei ganz verschiedene Dinge.

Emil: Wenn du immer ruhig bleibst, kannst du nicht die Wut entwickeln, die notwendig ist, um etwas zu verändern. Dir fehlt dann einfach die Power.

Sophia: Diese Wut ist nicht notwendig. Nicht die Wut ist das Entscheidende, sondern die Einsicht. Wenn ich ein Problem verstehe, kann ich es lösen. Dazu brauche ich nicht wütend zu sein.

Emil: Mir sind Menschen unheimlich, die sich durch nichts aus der Fassung bringen lassen.

Sophia: Denkst du, dass ich all diese Dinge spurlos an mir vorübergehen lasse? Ich setzte mich sehr intensiv mit ihnen auseinander, rede mit anderen darüber. Wichtig ist mir dabei eine Gesprächssituation, die von Mitgefühl und Offenheit geprägt ist. Wenn sich jemand gehen lässt und rumzustänkern anfängt, dann weisen wir ihn sofort zurecht. Bei sensiblen Themen ist es besonders wichtig, dass keiner austickt.

Emil: Also wer eine eigenen Kopf hat und klar zu seiner Meinung steht, wird ausgegrenzt? Zurechtgewiesen? Wo lebt ihr denn, dass ihr so etwas nötig habt?

Sophia: Diese Zurechtweisungen sind gerade dazu da, damit alle Meinungen auf eine würdige Weise zur Sprache kommen können. Je sensibler das Thema, desto sorgsamer müssen wir miteinander umgehen. Und wirklich versuchen, den anderen zu verstehen. Das ist das Wichtigste. Wenn jemand anfängt rumzubrüllen und wir das zulassen, ist das Gespräch verloren. Es wird ein gewisses niedriges Niveau nie überschreiten. Und welche Menschen profitieren davon? Die dummen, die lauten, die oberflächlichen.

Emil: Ich denke, es ist okay, hin und wieder auch auf die Pauke zu hauen. Gerade die Spannungen geben dem Leben doch seine Würze.

Sophia: Du verstehst mich nicht. Wir haben auch Spannungen, aber wir gehen eben anders mit ihnen um.

Emil: Du hast nie gelernt, dich zu wehren, dich durchzusetzen. Weil du keine Autorität hast, versuchst du alles in Wohlgefallen aufzulösen.

Sophia: Lange dachte ich, es sei wichtig, die Ellenbogen richtig einzusetzen. Heute weiß ich, dass ich das gar nicht muss. Wenn ich sage, was ich denke, spürt das jeder. Dann "verwandle" ich mich ganz unausweichlich in so etwas wie eine Autorität.

Emil: Davon habe ich bisher nichts mitbekommen.

Die Liebe in "Titanic"

Ich sehe mir das Video von "My heart will go on" auf You-Tube an, den Song des Kassenschlagers Titanic. Celine Dion lächelt nicht, sie wagt es nicht. Denn es geht um die große Liebe. Ein User schreibt im Kommentarbereich: "[...] for some reason it gets made fun of a lot. I'm guessing by envious people that have never felt love." Frei übersetzt: Nur jemand, der niemals Liebe gefühlt hat, kann sich über diesen Film lustig machen. Warum wird dieser Film mit der Liebe schlechtin assoziiert? Warum geht von "Titanic" eine so große Wirkung aus?

Zunächst einmal sehe ich das Motiv des Opfers. Der Hauptdarsteller Jack stirbt freiwillig, um seine Freundin Rose zu retten. Nichts in der Welt ist ihm wichtiger als Rose, und deshalb hat er auch die Kraft, seinen natürlichen Egoismus zu überwinden und an ihrer Stelle zu sterben. Man kann immer sagen, dass einem jemand wichtiger ist als alles andere. Aber wenn man wirklich bereit ist, für diesen Menschen zu sterben, ist das eine andere Qualität. Dies ist der ultimative Beweis der Liebe, denn Jack kann ja nichts mehr zurückhalten, kein beliebiges Doppelleben irgendwo anders mit einer anderen führen, wenn er im eiskalten Atlantikwasser ertrinkt. Er gibt sich ganz für Rose hin.

Wäre das Schiff nicht untergegangen, hätte Jack keine Möglichkeit gehabt, diesen ultimativen Beweis zu erbringen. Das normale Leben ist weitaus prosaischer. Es bietet wenig Möglichkeiten, als selbstloser Held zu glänzen. Vielleicht kamen viele Besucherinnen seufzend aus diesem Film und fragten sich, warum es solche Männer in der Wirklichkeit nicht gäbe. Man könnte darauf trocken antworten: Weil sie nicht gebraucht werden. Das ist aber nicht alles. Das Faszinierende an Jack ist, dass er sich als Mann für Rose opfert. Die Frau, gesellschaftlich in jeder Hinsicht benachteiligt, wird durch die aufopfernde Liebe des Mannes zu einem heiligen Wesen erhöht. Gerade weil der Film nicht realistisch ist, vermag er so große Gefühle zu wecken. Einerseits gilt Jacks Verhalten als tugendhaft, andererseits wäre es für eine Frau eine unglaubliche Zumutung zu wissen, dass jemand nur für sie gestorben ist. "My heart will go on" - das ist leichter gesungen als getan. Durch sein Opfer hebt Jack die Gleichheit zwischen ihm und Rose für alle Zeiten auf. Sie wird für immer in seiner Schuld stehen und er sie auf ewig belasten mit dem tödlichen Beweis seiner Liebe. Vielleicht hätte Cameron beide sterben lassen solllen.

Auch die Intensität der Liebe spielt eine große Rolle. Jack und Rose lernen sich erst auf dem Schiff kennen. Sie haben keine lange Beziehung hinter sich und keine Krisen überstanden. Sie sind jung, attraktiv und ineinander verknallt. Jack opfert sich für eine Frau, die er gar nicht wirklich kennen kann. Er hat nicht gelernt, sie zu lieben; er ist "bloß" in sie verliebt. Man mag sich Jack und Rose kaum als altes Ehepaar vorstellen, das ein mäßig glückliches, routiniert-gewöhntes Leben führt. Ihre Liebe hatte nie die Chance, alt zu werden. Durch seinen frühen Tod lebt Jacks Liebe in Rose' Herz als reine, unwandelbare, ewige Liebe fort. Dort ist sie eingeschlossen wie die Fliege im Bernstein - und ebenso lebendig.

Wenn ich mir was wünschen dürfte


Sonntag, 28. April 2013

Abhängigkeit

Wer seine Befreiung zu laut feiert, macht sich leicht verdächtig, seine Abhängigkeit lediglich bei einem anderen Namen zu nennen. Wer sein Leben lang als strammer Atheist gegen Gott kämpft, hängt fester an ihm als so mancher Christ: Er braucht ihn, um sich von ihm abzugrenzen. Was aber, wenn er seinem Unglauben endlich einmal ganz nachgeben würde? Dann bliebe ihm in der Tat nichts mehr übrig, voran er sich durch Abstoßung würde halten können.